Die Corona-Krise bestimmt unser Leben, es sind beunruhigende Zeiten. Wir reorganisieren Privat- und Arbeitsleben und tauschen uns vielfach auf digitalen Kanälen miteinander aus. Expertinnen und Experten der Medizin informieren die Politik und Öffentlichkeit intensiv zum exponentiellen Wachstum der Infektionszahlen und zu Entwicklungen aus der Forschung zum Coronavirus SARS-CoV-2.
Unsicherheit und Modellierung spielen – wie auch bei der Kommunikation des Klimawandels – eine wichtige Rolle. Jedoch sind Klimathemen vorerst und zu Recht in den Hintergrund gerückt. Für die Zeit nach der Pandemie ist es dafür umso wichtiger, die Klimaschutzpolitik zu stärken, statt den europäischen Green Deal zu schwächen oder wieder mehr Kohle zu fördern, schreibt etwa Marie-Luise Beck in der aktuellen Kolumne des Deutschen Klima-Konsortiums.
Beim nächsten K3 Kongress werden wir – hoffentlich auch persönlich – über diese und weitere Entwicklungen in Sachen Klimakommunikation diskutieren. Das Deutsche Klima-Konsortium, das mit Dr. Stefanie Trümper den K3 Kongress 2019 Jahr konzipiert und koordiniert hat, gibt den Staffelstab nun weiter an die Kolleginnen und Kollegen in der Schweiz, wo 2021 der dritte K3 Kongress stattfindet.
15. November 2019
Dokumentation zum K3 Kongress jetzt online
Es ist einiges los in Sachen Klima: Vergangene Woche warnten 11.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedener Länder vor einem globalen „Klima-Notall“; der nächste Klimastreik und die UN-Klimakonferenz (COP 25) stehen kurz bevor. Ein guter Zeitpunkt, um die aktuellen Anlässe mit dem Wissen vom K3 Kongress 2019 einzuordnen und miteinander über Klimawandel und wirkungsvolle Klimakommunikation ins Gespräch zu kommen. Viele der Kongressbeiträge haben wir bereits dokumentiert und werden in den nächsten Wochen weitere Materialien ergänzen. Neben den Mitschnitten der Keynotes und der Forumsvorträge finden Sie dort nun auch Präsentationen, Dokumente und Berichte zu den Workshops sowie andere Formen der Nachlese zum Download. Viel Spaß beim Stöbern!
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15. Oktober 2019
Zwei Tage voller Klimakommunikation
Ein erster Rückblick
Der K3 Kongress zu Klimawandel, Kommunikation und Gesellschaft 2019 liegt hinter uns. Nahezu parallel zur Sitzung des Klimakabinetts, dem globalen Klimastreik und dem UN-Klimagipfel diskutierten am 24. und 25. September rund 500 Personen aus Wissenschaft und Praxis in Karlsruhe über wirkungsvolle Klimakommunikation.
Ein allumfassendes Fazit haben wir nicht mitgebracht, aber die folgende Formel dürfte für gelingende Klimakommunikation hilfreich sein: Positive Zukunftsvorstellungen, Werteorientierung, starke Bilder, gute Geschichten und ein Quäntchen Humor. Doch hören Sie besser noch einmal genau nach, was die Expertinnen und Experten aus den drei Keynotes und sechs Forumsvorträgen empfehlen.
Insgesamt 19 Workshops beleuchteten zusätzlich aktuelle Forschungsergebnisse und vermittelten Methoden für die Klimakommunikation, etwa bei der Aufbereitung von Klimaszenarien oder im politischen Alltag. In Angeboten auf dem Spielplatz konnten Teilnehmende beispielsweise ihre Möglichkeiten und Grenzen bei Klimaverhandlungen austesten. Die Morgeneinstimmung und ein Konzertbeitrag machten Klimakommunikation körperlich erlebbar.
Spannende Analysen zahlreicher Programmpunkte stellen die Kolleginnen und Kollegen von klimafakten.de bereit.
Ebenfalls lesenswert sind die Beiträge der vier studentischen Reporterinnen und Reporter im Blog auf der K3 Website und auf Instagram.
Den Kongress in Bildern gibt es in unserer Galerie.
Auf die großen und kleinen Momente des Kongresses blickt Dr. Stefanie Trümper in der DKK-Kolumnezurück.
Der Kongress hat deutlich gemacht: Das Repertoire an theoretischen und praktischen Zugängen zur Klimakommunikation ist groß, ebenso wie die Herausforderung, bereits erprobtes und neu erlerntes Wissen in den unterschiedlichen klimabezogenen Kontexten anzuwenden.
30. September 2019
Beichten zum Brunch
K3 im Diskurs
„Ich bin gewissermaßen gescheitert in der Klimakommunikation“. Mit diesem schwerwiegenden Eingeständnis eröffnete Mojib Latif, Klimaforscher und Vorsitzender des Deutschen Klima-Konsortiums, den Pressebrunch am zweiten Tag des K3 Kongresses zu Klimawandel, Kommunikation und Gesellschaft. Neben Latif standen noch drei weitere ExpertInnen den anwesenden JournalistInnen Rede und Antwort.
In einer Sache waren sich die Vortragenden einig: es gibt genügend Wissen über die Gefahren des Klimawandels, aber an der Umsetzung dieses Wissens in Handlungen hapert es. Was läuft schief in der Kommunikation von wissenschaftlicher Erkenntnis zu politischer und gesellschaftlicher Umsetzung? Zwei Erklärungsansätze wurden während des Pressebrunchs vorgestellt. Die Kommunikationswissenschaftlerin Irene Neverla und der Gründer des britischen ThinkTanks ClimateOutreach George Marshall sehen das Problem in der Form der Kommunikation. Naturwissenschaftler Latif sowie Soziologe und Sozialpsychologe Harald Welzer sind der Meinung, Informationen und Wissensübertragung seien unzureichend für einen effektiven Klimaschutz, weswegen ein gesellschaftlicher und politischer Strukturwandel von Nöten sei.
Harald Welzer erklärte, dass 30 Jahre des Warnens und Ermahnens in der Klimakommunikation erfolglos waren, da Menschen nicht auf der Grundlage von Wissen handelten. Trotz des stetig wachsenden Umweltbewusstseins beobachten wir einen ständig steigenden Konsum – ein Paradox, das sich nur dadurch erklären lässt, dass Wissensbestände nicht handlungsleitend sind. Der Konsum ist das dominante Gebot unserer Gesellschaft – wie können wir damit in der Klimakommunikation konkurrieren? Welzer sieht Klimawandel nicht als ein klassisches politisches Problem, sondern als ein gesellschaftsstrukturelles: alles wird der Ökonomie nachgeordnet. Daher benötigt effektiver Klimaschutz einen gesellschaftlichen Strukturwandel, welcher nicht durch eine Informationsflut von wissenschaftlichen Erkenntnissen erreicht werden kann. Vielmehr sieht der Soziologe und Sozialpsychologe generationsübergreifende Gerechtigkeit als stärksten Treiber sozialen Wandels. Die Gesellschaft muss ihre Zukunft aktiv gestalten; benötigt positive Zukunftsbilder an denen sie sich orientieren kann. Er betonte, dass die Stärke der Fridays for Future Bewegung in ihrer Monothematik und gemeinsamer Zielsetzung trotz Nicht-Ideologie liegt.
Mojib Latif hat „die Politik abgeschrieben“, und bezeichnete das kürzlich beschlossene Paket des Klimakabinetts als „Sterbehilfe für das Weltklima“. Seit 30 Jahren plädiert der Forscher für mehr Aktionismus im Klimaschutz, leider vergebens. Er habe inzwischen akzeptiert, dass es nicht wichtig sei, dass jeder Mensch den Klimawandel versteht, um dagegen anzukämpfen. Latif sieht das Problem vor allem in der Politik. RegierungsvertreterInnen sehen Politik als „Kunst des Machbaren“ (Angela Merkel als Kommentar zum Beschluss des Klimakabinetts); sie betreiben eine Politik, welche von ihrer Regierungsdauer und dem Streben nach Wählerstimmen diktiert wird. Der Klimaschutz bedarf jedoch Maßnahmen, welche weit über einzelne Regierungsperioden Effekt haben, und welche sicherlich nicht immer wählerfreundlich sind. Der Klimawandel sei ein Politikfeld eigener Art, und dies hat die Politik nicht verstanden. Die Mehrzahl der derzeitigen PolitikerInnen seien konturlos und nicht bereit, die Verantwortung in die Hand zu nehmen, um die radikale soziale Transformation voranzutreiben, die der Klimaschutz bedarf.
Irene Neverla sieht eine prägnante Schwachstelle in der Berichterstattung über den Klimawandel: der Journalismus habe es versäumt, ressortübergreifend und auf regionaler und lokaler Ebene über das Thema zu berichten. So wird es von der Gesellschaft häufig als abstraktes und entferntes Phänomen empfunden. Um effektiver über die Klimakatastrophe zu berichten, muss sich das Publikum angesprochen fühlen. Dass der Klimawandel in den letzten 15 Monaten so stark in den Fokus der Medien gerückt ist, liegt insbesondere an dem Hitzesommer 2018 und dem Aufschwung der sozialen Medien als Protestplattform. Während der heiße Sommer den Klimawandel am eigenen Körper jeder Einzelnen spürbar machte, haben soziale Medien als moderne, schnelle und persönliche Kommunikationsform eine Lücke gefüllt, welche der klassische Journalismus hat entstehen lassen.
George Marshall betonte, dass die Zivilgesellschaft Informationen über den Klimawandel und dessen Auswirkung auf ihr eigenes Leben brauchen, um fundierte Entscheidungen zu treffen. Die Klimadebatte muss sich von der Kosten-Nutzen-Analyse entfernen; eine effektive Klimakommunikation muss auf einer Auseinandersetzung mit Werten und Idealen von Individuen basieren, um ein soziales Mandat anzustreben und eine gemeinsame Zielsetzung zu verfolgen. Hierbei ist das Engagement vor allem mit Minderheitsgruppen von großer Bedeutung. Viele RegierungsvertreterInnen polarisieren die Klimadebatte. Die Gefahr dabei: Großteile der Bevölkerung fühlen sich vernachlässigt und wenden sich von Klimathemen ab.
Es steht mir nicht zu, zu entscheiden, welche dieser Ansätze der „richtige“ ist. Sicherlich wäre eine Kombination aller Ideen kein schlechter Start. Dennoch haben mich die Argumente von Harald Welzer persönlich am meisten überzeugt. Ich muss mir hierbei an die eigene Nase fassen; ich studiere Klimawisschenschaften, kenne die erschreckenden Zukunftsprognosen und weiß, wie ein klimafreundliches Leben auszusehen hat. Hält mich dieses Wissen davon ab, trotzdem hin und wieder in ein Flugzeug zu steigen, Lebensmittel zu kaufen die weder regional noch saisonal sind, generell mehr zu konsumieren als tatsächlich notwendig ist? Nein. Und warum? Es gibt mehrere Gründe. Einerseits ein Gefühl der Ohnmacht; die Klimadebatte ist so komplex, dass ich regelmäßig hinterfrage, ob sie überhaupt „lösbar“ ist.
Wenn wir die Erde sowieso langsam zerstören, warum sollte ich mein Leben nicht genießen? Sicherlich ist es auch Routine und Bequemlichkeit. Obwohl meine CO2-Bilanz definitiv ein Entscheidungsfaktor bei meiner Reiseplanung ist, wäre es eine glatte Lüge zu behaupten, er wäre der wichtigste. Ich möchte möglichst unkompliziert, komfortabel und kostengünstig an mein Ziel kommen.
Mit dem Konsum ist es ähnlich. Von allen Seiten wird man verführt, umweltfreundliche Alternativen zu kaufen: Zahnbürsten aus Holz, Fleischersatzprodukte wie Jackfruit, welche aus fernen Ländern stammen, Kleidung aus nachhaltiger Produktion. Was viele nicht verstehen – auch der Konsum von nachhaltigen Produkten verbraucht Ressourcen, und schadet damit der Umwelt. Was hat die Erde davon, wenn wir jetzt alle unsere Plastikzahnbürsten wegschmeißen, und uns Holzzahnbürsten kaufen? Mehr Plastik, und weniger Holz. Mir ist bewusst, dass es hier nochmal entscheidende Unterschiede gibt, ob man das Problem kurz- oder langfristig betrachtet. Natürlich sind Holzzahnbürsten langfristig die bessere Lösung. Aber bitte nutzen wir doch die Plastikzahnbürsten bis zu deren Lebensende, und kaufen uns erst dann die Holzzahnbürsten.
Eine Zukunftsvision, in welcher Klimaschutz nicht durch zusätzlichen Konsum erreicht werden soll, ist dringend von Nöten. Hierbei – so denke ich – müssen wir die Zukunftsvisionen gar nicht unbedingt als klimafreundlich anpreisen. Wie schon bemerkt, sind mir beim Reisen andere Faktoren (Bequemlichkeit, Flexibilität, Kosten) erst einmal wichtiger als der Umweltschutz. Wäre es also nicht sinnvoll, Zukunftsbilder zu konstruieren, welche diese Faktoren berücksichtigen, und zusätzlich auch noch klimafreundlich sind? Wenn beispielsweise der Zugverkehr zuverlässig, angenehm und günstiger als das Fliegen wäre, würde es mir wesentlich einfacher fallen, klimafreundliche Mobilitäts-Entscheidungen zu treffen und meine eigene CO2–Bilanz zu senken.
/jk
25. September 2019
10 Gedankenanstöße von Harald Welzer
Die Keynote von Harald Welzer auf dem K3 Kongress kam gut an und regte uns Studireporter zum Nachdenken an. Die folgenden Thesen und Zitate sind bei uns besonders hängen geblieben:
1. In unserer Gesellschaft wird die Welt dargestellt als eine Gelegenheit zum Verbrauch.
2. Das zentrale Gebot der westlichen Welt ist: „Du sollst kaufen“. Damit wird man den ganzen Tag konfrontiert.
3. Die Klimakommunikation „Das geht so nicht weiter“ konkurriert mit der Erzählung „Du sollst kaufen“.
4. Du sollst kaufen“ + „Das geht so nicht weiter“ = Angriff auf meinen Lebensstil
5. Wissen hat für WissenschaftlerInnen eine hohe Bedeutung. Für andere weniger.
6. Das Primat unserer Gesellschaft ist immer noch Ökonomie, nicht Ökologie.
7. Wenn die Bundesregierung mit zwei Regierungsflugzeugen im 30-Minuten-Abstand in die USA fliegt, sagt das den Fridays-For-Future-Kids: „Ihr seid uns sowas von scheißegal.“
8. Elon Musk steht für altmodische Zukunftsvorstellungen: schneller, weiter, höher.
9. WissenschaftlerInnen präsentieren zu wenige Visionen einer besseren Welt.
10. „Missionieren sie nicht andere, sondern sich selbst“/sm /pm
25. September 2019
Haus, Katze, Klima?
Wie mache ich die Klimawissenschaft bildlich verständlich für die Gesellschaft? Mit dieser Frage beschäftigte sich der Workshop „Wissenschaft visuell erklären“ von Chris Spatschek, Dozent für Kommunikationsdesign. Wichtig ist, dass relevante Informationen in packende Geschichten umgewandelt werden. Doch wieso sind Infografiken so bedeutend? „In Bilder erkennen wir Muster und diese merken wir uns dann. Das Visuelle hilft uns beim Verstehen“, erklärt Spatschek. Am besten sei die Gestaltung von Infografiken, wenn sie möglichst minimalistisch und nah am Lebensalltag daherkommt. Denn man muss immer einschätzen können, ob das Zielpublikum auch alles richtig versteht.
Auf die Theorie folgte eine Übung im Zeichnen: In 15 Sekunden musste jeder Workshop-TeilnehmerInnen verschiedene Objekte wie ein Haus, ein Auto oder die Temperatur auf einem Notizzettel skizzieren. Schnell bemerkten die KursbesucherInnen, dass klimabezogene Thematiken visuell gar nicht so einfach umzusetzen sind.
Bevor man aber mit der Gestaltung von Infografiken beginnt,
muss man sich den Grundlagen der professionellen Kommunikation bewusst sein:
Was ist der Inhalt? (Thema)
Wen spreche ich an? (Zielgruppe)
Warum mache ich das? (Ziel)
Wo kommuniziere ich? (Medium)
Wie vermittle ich mein Thema? (Stil)
Wichtig ist bei den Grundlagen vor allem, dass sich aus dem Inhalt eine Kernbotschaft herauskristallisiert, die so präzise und verständlich ist, dass sie sich das Zielpublikum ohne Probleme merken kann.
Visuelle Geschichten können außerdem auf verschiedenste
Stilmittel überliefert werden:
Die Delegationen von China, Indien, den USA und der EU sitzen an Tischen im Kreis, neben ihnen Lobbygruppen. In der Mitte spricht der UN-Generalsekretär Guterres. Dieser Klimagipfel findet nicht in New York statt, sondern im Foyer des KIT-Audimax. An den Tischen sitzen keine DiplomatInnen, sondern TeilnehmerInnen des K3 Kongresses für Klimakommunikation. Für 75 Minuten schlüpfen sie in die Rollen von Länder-Delegationen und LobbyistInnen, die ein Klimaschutzabkommen aushandeln sollen.
Florian Kapmeier leitet das Planspiel. Eigentlich ist er Professor an der Hochschule Reutlingen, aber heute moderiert er als UN-Generalsekretär die simulierte Kurzversion des Klimagipfels. Um für Ordnung zu sorgen, hat er einen Holzhammer dabei. Gerade hat er die Rahmenbedingungen vorgestellt, vor jedem Team liegt außerdem Material mit den Zielen und Eigenschaften „ihrer“ Länder. „Ihr habt jetzt zwölf Minuten Zeit, um in Verhandlungen zu treten. Danach stellt ihr jeweils vor, welche Verpflichtungen eure Delegation im Klimaabkommen eingehen möchte“, erklärt Kapmeier.
Die Delegationen schwärmen aus, hitzige Diskussionen beginnen. Sätze wie „Wir sind in einer ähnlichen Situation“ und „Wir wollen beide Wirtschaftswachstum“ schallen durchs Foyer. „Die Verhandlungen sind purer Stress“, sagt Andrea Steckert von der indischen Delegation. Sie steckten in einem Dilemma: „Wir müssen die Armut bekämpfen, das Wachstum schadet aber dem Klima. Deswegen ist unsere Strategie, möglichst viel aus dem Klimafond zu bekommen.“
Nach den kurzen, aber intensiven Verhandlungen, präsentieren die Länder, welche Anstrengungen sie sich für den Klimaschutz vorstellen könnten. Ab wann sollen die CO2-Emissionen nicht weiter steigen, ab wann sinken? Welche Ziele setzt man sich für Aufforstung? Deutlich wird: Die Delegationen wollen weniger in den Klimafond einzahlen als herausbekommen. Am Ende klafft eine Milliardenlücke.
Der UN-Generalsekretär und Spielleiter Kapmeier gibt die Klimaschutzpläne der Länder in die Simulationssoftware C-Roads ein. Heraus kommt: Im Jahr 2100 würde sich die Erde so um 3,4 Grad erwärmen, dicht besiedelte Gebiete würden wegen eines steigenden Meeresspiegels überflutet. Mit dieser Ernüchterung beginnt eine zweite Verhandlungsrunde. Wird man das 2-Grad-Ziel noch erreichen können?
Alle Länder setzen sich deutlich ergeizigere Ziele. Selbst Trumps Delegation und der US-Gemeinebund überbieten sich gegenseitig mit Beiträgen in den Klimaschutzfond. Dennoch zeigt der Klimawandelsimulator: Das 2-Grad-Ziel wird verfehlt, aber die Erderwärmung würde mit diesen Maßnahmen auf 2,4 Grad begrenzt. Immerhin, schnaufen einige der TeilnehmerInnen.
Eines haben aber vermutlich alle Anwesenden gelernt: Um die Erderwärmung zu stoppen, braucht es globale Anstrengungen und Verabredungen. Der Einfluss der EU bewegte sich im 0,1-Grad-Bereich und dennoch schielen vermutlich alle auf der Welt darauf, wie sich insbesondere die reichen Länder verhalten.
Das Fazit der Delegationen und LobbyistInnen: Der Workshop war eine unterhaltsame und lehrreiche Veranstaltung zugleich. Und: Die „World-Climate-Verhandlungssimulation“ lässt sich nachspielen, mit Freunden, KollegInnen oder Studierenden. Mehr Infos zum Konzept gibt es auf der Website der NGO „Climate Interactive“. Dort findet sich auch die Simulations-Software zum selbst Ausprobieren. Wie entwickelt sich das Klima, wenn Länder bestimmte Klimaziele einhalten? /pm
/pm
25. September 2019
Guten Morgen!
Um 8 Uhr trafen sich die KongressteilnehmerInnen in der KIT-Sporthalle zur Morgeneinstimmung. Mit einem Gongschlag von Leiterin Marie-Luise Beck startete der sportliche Kurs: „Spürt euren inneren Kern und findet Kraft.“ Neben einigen Atemübungen, versuchten sich die 30 KursbesucherInnen auch in leichtem Yoga. Während den Übungen sprach Beck über positive Selbstwahrnehmung und liebevolle Haltungen. Danach tauschten sich die Anwesenden gemeinsam über das Zweigrad-Ziel aus: „Halten Sie es für möglich, die Erderwärmung auf diese Marke zu begrenzen?“ Manche hatten Zweifel, Frustration machte sich in der sonst so positiven Morgeneinstimmung breit. Dieses Erlebnis stiftete viele KursteilnehmerInnen zum Nachdenken an.
25. September 2019
Richtiges Textmuster wählen
Der Workshop vom Österreicher Martin Reisigl thematisierte fünf Vertextungsmuster und dessen Anwendung in der Klimakommunikation:
Deskription: Es beschreibt etwas und besteht aus Behauptungen. Es dient nicht dem Selbstzweck, sondern hilft vielmehr bei der wissenschaftlichen Erforschung. Ebenso gilt es als wichtige Grundlage für die Explikation. Diese Vertextungsmuster entstehen durch Beobachtungen (organisch, anorganisch und kulturell).
Explikation: Es erklärt und macht verständlich, dabei geht es primär um semantische Beziehungen. Drei Formen sind dabei zu erwähnen: Die Explikation von kausalen Zusammenhänge, von instruktivem Erzählen und von sprachlosen Elementen.
Argumentation: Bei diesem Muster sollen andere von einer These überzeugt werden. Man orientiert sich dabei an Kriterien. Beispiele für eine Argumentation: „Es ist umweltfreundlicher, wenn man den Fleischverbrauch senkt, man weniger Auto fährt und nicht in die Ferien fliegt.
Narration: Dies ist eine Wiedergabe von Vergangenem, eine Erzählung. Das Muster stiftet Orientierung, indem es Ereignisse chronologisch ordnet. Erzählungen informieren und unterhalten, sie fördern Identifikation und Empathie. Wichtige Exempel sind geografische Erzählungen oder Geschichten von singulären Erlebnissen.
Instruktion: Diese Textsorte hilft bei der Anwendung von etwas und demonstriert Funktionen. Häufig werden dabei die Worte „sollen“ und „müssen“ verwendet: „Sie sollten auf Flugreisen verzichten.“
24. September 2019
Klimaschutz à la FDP
K3 im Diskurs
Bei dem Workshop „(Fast) Alle Parteien wollen Klimapolitik. Aber wie passt das zu ihrer politischen Begrifflichkeit?“ habe ich mich für eine Stunde in die Schuhe einer FDP-Wählerin versetzt. Zusammen mit einem Vertreter der Jungen Liberalen, Anton Rewitzer, und anderen TeilnehmerInnen mit unterschiedlichen politischen Überzeugungen ging es darum, die Werte der FDP zu definieren und diese effektiv in die Klimaschutzpolitik einzubringen.
Die ersten Reibungen gab es schon bei der Definition von bestimmten Werten. Während Gleichheit für mich positiv ist, hat Anton Rewitzer eher schlechte Assoziationen mit diesem Wert, denn „Menschen sind für mich nicht gleich“. Mein erster Gedanke bei diesem Statement war: „klassiches FDP Klassengesellschaftsgerede“. Nach vorsichtiger Nachfrage meinerseits erklärte Herr Rewitzer, dass er damit meine, dass jeder Mensch andere Interessen und Ziele verfolge, und dass man sie deswegen nicht alle gleich behandeln sollte. Er versicherte mir, dass er voll und ganz hinter der Chancengleichheit stehe. Wir waren uns also einig, dass jeder Mensch anders ist, aber die selben Chancen haben sollte. Es wäre für mich sehr einfach gewesen, das Zitat von Herrn Rewitzer so zu interpretieren, wie es in meine voreingenomme Meinung der FDP passt. Zum Glück habe ich mich dazu entschlossen nochmal nachzufragen, und erst dadurch bemerkt, dass wir uns tatsächlich, zumindest bei diesem Thema, einig sind. Dies nur als persönliches Beispiel, dass man sich gerade mit den Menschen austauschen soll, mit denen man sich sonst nicht an denselben Tisch setzen würde.
Die Werte der FDP (vertreten durch Anton Rewitzer) würde ich als individualistisch zusammenfassen: Freiheit, Unabhängigkeit, eigene Ziele stecken, Privatsphäre und Ehrlichkeit. Hierbei ist es vor allem wichtig, dass Individuen uneingeschränkt von Politik und Gesellschaft agieren können. Deswegen ist Klimaschutz über Verbote nicht vereinbar mit den Werten der FDP; ihre VertreterInnen denken dann sofort an eine „Oködiktatur“. Um effektiven Klimaschutz zu betreiben, sollte man bei FDP-WählerInnen vielmehr an die Eigenverantwortung appellieren. Dies könnte man z.B. durch -Steuern oder -Zertifikate erzielen. Hiermit könnten FDPlerInnen ihren eigenen (wirtschaftlichen) Interessen nachgehen, ihren Werten der Freiheit und Unabhängigkeit treu bleiben, würden aber gleichzeitig die (finanziellen) Konsequenzen ihrer Taten tragen.
Ob diese Maßnahme ausreichend ist, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, und ob eine monetäre Methode die richtige ist, das Problem zu lösen, welches vom unaufhörlichen Wirtschaftswachstum stammt (-Ausstoß), ist fragwürdig. Dem Treibhauseffekt ist es egal, wenn wir unsere Emissionen finanziell ausgleichen.